Mittwoch, 31. März 2004 Neuß-Grevenbroicher Zeitung, S. 26

Passionsmusik mit Mechthild Weber und Ludger Kassenberg in Heilige Dreikönige

Die Intensität eines Klagegesangs

Neuss. Vom ersten Ton an konzen­triert und kultiviert sang die Sopra­nistin Mechthild Weber in der Kirche der Heiligen Dreikönige geistliche Werke des weniger bekannten Kom­ponisten Ercole Bernabei und des be­kannteren Francois Couperin. Mit überzeugender Phrasierung, kontrol­lierter Klangfülle und Ausdruck ließ sie die lateinischen Texte erklingen, die auch in abgedruckter Form auslagen- zum Glück all jener, die nicht fließend Latein sprechen. Begleitet von dem Organisten Ludger Kassenberg gestaltete sie ein ruhiges, fast intimes Konzert.

Kassenberg spielte zwischen den Ge­sängen Solowerke für Orgel, deren kon­trapunktische Strukturen er zwar deutlich herausstellte, metrisch aber teilweise deutlich schwankte und Sech­zehntel- Passagen nicht so souverän spielte, wie man sie sich gewünscht hätte. Es fehlte einfach etwas an Kraft und Eindringlichkeit, er schien sich eher den Chorälen und akkordischen Partien widmen zu wollen, nutzte aber die kontrastierende Wirkung virtuoser Momente nicht wirklich aus.

In begleitender Funktion wies er sich dann aber als erfahrener Musiker aus, Einsätze kamen immer präzise und zusammen mit der Sopranistin, auch Vorhalte und Rubati wurden exakt und sinnvoll ausgespielt. In der Kantate „Heu me miseram et Infeli­cem“, deren Text mit teilweise drasti­schen Bildern und Motiven Wirkung erzielt, hatte Mechthild Weber Mo­mente großer Intensität und Eindring­lichkeit. Sie stellte den klagenden Cha­rakter des Textes überzeugend dar, sang berührend und eindringlich und wurde damit dem Motto des Konzertes, der „Passionsmusik“, durchaus ge­recht.

Kassenberg spielte anschließend ein Werk von Jean Titelouze, dass aus drei Sätzen bestand, die Kassenberg ins­gesamt überzeugend interpretierte, den etwas lebendigeren, von virtuosen Passagen durchsetzten zweiten Satz jedoch rhythmisch nicht prägnant und präzise genug spielte. Die Läufe und Verzierungen waren zwar „da“, erklan­gen aber mehr wie überflüssiges Beiwerk. Hier hätte Kassenberg einen sinnvollen Kontrast zwischen den ruhi­geren Außensätzen herstellen können. Und auch das etwas schrille Register, das er für den Mittelsatz wählte, war wohl nicht jedermanns Geschmack.

Ruhigere, konzentriert- polyphone Passagen kamen unter Kassenbergs Händen jedoch ausgezeichnet zur Gel­tung, klar differenzierten Stimmen gab er Gewicht und Aussagekraft. Coupe­rins „Leçons de Tenèbres“ I und II, ein sich langsam intensivierender Klagegesang, lag der Sopranistin scheinbar besonders: Sehr überzeugend gestalte­te Mechthild Weber den dramaturgi­schen Aufbau des imposanten Werkes- und anscheinend war des Publikum da­von derart beeindruckt, dass es am En­de des Konzerts ein paar Minuten der Sammlung benötigte, ehe verhaltener Applaus einsetzte, der sich glücklicher­weise noch steigerte, um den Darbie­tungen der beiden Künstler gerecht zu werden.  Wilm Kösters